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Tjorben
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Chinas Hygon-CPUs
Von der AMD-Partnerschaft zum vierten großen Player?
Heute tauchen wir mal ein wenig ich die Tech-Ecke ab. Ich habe zufällig einen Artikel über den chinesischen Prozessor Hersteller Hygon gelesen, der für mich ein kleines Rabbit Hole aufgemacht hat, in das ich mich ein wenig hineingewagt habe. Meine Erkenntnisse und Gedanken dazu will ich hier mit euch teilen.
Um das Ganze auch für alle einigermaßen verständlich zu machen, versuche ich das ganze als Bild bzw. Metapher zu erklären. Stellt euch also die Prozessorlandschaft wie ein globales Verkehrsnetz vor. Jede Firma baut eigene Autobahnen, auf denen Datenströme so schnell und effizient wie möglich fließen sollen. In diesem Beispiel waren lange Zeit zwei, mittlerweile drei große Bauunternehmen tonangebend: Intel, AMD und seit einiger Zeit auch die ARM-Allianz, wobei gerade letztere noch einen Sonderstatus einnimmt. Dazu aber später mehr. Mit Hygon tritt nun ein chinesischer Herausforderer an, eine eigene, von den USA unabhängige Datenautobahn zu errichten, mit Technik, die ursprünglich von AMD stammt.
Bis hier hin alles so weit verstanden? Dann schauen wir uns mal an, wie es dazu kam und wie leistungsfähig die neuen chinesischen CPUs wirklich sind. Außerdem wagen wir den Blick in die Glaskugel und schauen, wie das den Markt verändern könnte. Es kommen also ein paar Hintergründe, ein kleiner technischer Deep Dive und mein Versuch eine Einordnung im Vergleich zu Intel, AMD und ARM zu finden.
Die Geschichte des AMD-Hygon-Joint Ventures
2015 steckte AMD in der Krise: Intel dominierte den Markt, die eigenen Chips waren veraltet, und die Kassen mehr als leer. Gleichzeitig suchte China händeringend nach Wegen, von US-Technologie unabhängig zu werden, vor allem nachdem die USA 2015 Exporte von Intel-Xeon-CPUs für chinesische Supercomputer stoppten.
Die Lösung war ein Deal, der für beide Seiten lukrativ, aber politisch brisant war. AMD verkaufte 2016 quasi seine Baupläne für Zen-1-Autobahnen (die Architektur der ersten Ryzen- und Epyc-CPUs) an Hygon. Im Gegenzug bekam AMD 293 Millionen Dollar und einen Fuß in der Tür zum chinesischen Markt.
- HMC (Haiguang Microelectronics): 51% AMD, 49% Hygon – hier wurden die Baupläne angepasst.
- Hygon (Chengdu Haiguang IC Design): 30% AMD, 70% chinesische Investoren – hier entstanden die fertigen Chips.
Hygon durfte die Pläne modifizieren, z. B. um chinesische Verschlüsselungstechnologien (SM2/3/4) einzubauen, anstelle vom in den USA genutzten AES und produzierte die Chips bei GlobalFoundries, einem Halbleiterhersteller, der ebenfalls zu AMD gehört und seine Produktionsstätten neben den USA auch in Singapur und Deutschland hat. Mit dem Ergebnis, dass die Hygon Dhyana-CPUs fast identisch zu AMDs Epyc CPUs sind, aber eben mit mit lokalen Besonderheiten.
2019 setzten die USA Hygon auf die schwarze Liste (Entity List). Die Folge: Hygon musste eigene Wege finden und baute fortan bei Chinas Halbleiterhersteller SMIC. AMD durfte kein Wissen mehr teilen und GlobalFoundries stoppte die Chip-Produktion für Hygon.
Technischer Deep Dive: Wie modern ist Chinas Datenautobahn?
Architektur und Spezifikationen
Doch bevor wir ganz tief einsteigen hier eine kleine Erklärung in einfachen Worten, wie ein moderner Prozessor in etwa funktioniert und wie die folgenden Daten zu werten sind. Denn im Grunde ist eine CPU wie ein riesiges, mehrspuriges Autobahnnetz:
Kerne sind die Fahrspuren: Je mehr Spuren, desto mehr Autos (Daten) können gleichzeitig fahren.
Threads sind die Fahrzeuge selbst: Sie transportieren Informationen.
Speicheranbindung (DDR5) ist die Zufahrtsstraße: Je schneller und breiter, desto mehr Verkehr kann aufgenommen werden.
Schnittstellen (PCIe, CXL) sind die Anschlussstellen zu anderen Netzen und Geräten.
Und hab hier muss ich jetzt doch etwas technischer werden, wer damit gar nichts anfangen kann, sollte einfach zum nächsten Abschnitt scrollen, aber für die Tech-Affinen und mich selbst, hier einmal ein Blick unter die Motorhaube bzw. die Zusammensetzung der Asphaltmischung des Hygon C86-5G.
- C86-5G: 128 Kerne, 512 Threads (SMT4, das heißt 4 Threads pro Kern), AVX-512-Unterstützung, 16 Kanäle DDR5-5600, 128 PCIe 5.0-Lanes, CXL 2.0.
- Der Vorgänger C86-4G: 64 Kerne, 128 Threads (SMT2), 12 Kanäle DDR5-4800, 128 PCIe 5.0-Lanes.
- Mikroarchitektur: Während die ersten Generationen auf AMD Zen 1 basierten, spricht Hygon inzwischen von einer „selbst entwickelten“ Architektur mit 17% höherer IPC* als beim Vorgänger. Details bleiben allerdings geheim, so dass wir uns hier auf das Wort des Herstellers verlassen müssen, aber die Entwicklung geht klar in Richtung Eigenständigkeit.
- Zielmarkt: Server, KI-Cluster, Virtualisierung, Big Data – überall dort, wo viele parallele Datenströme gefragt sind.
Vergleich mit AMD und Intel
Hersteller | Top-Modell (2025) | Kerne/Threads | Speicher | Interconnects | Besonderheiten |
---|---|---|---|---|---|
Hygon | C86-5G | 128/512 (SMT4) | 16x DDR5-5600 | 128x PCIe 5.0, CXL 2.0 | Fokus auf Parallelität, China-only |
AMD | Epyc Turin Dense | 192/384 (SMT2) | DDR5-6400 | PCIe 5.0, CXL 2.0 | Höchste Kernzahl, Zen 5 Architektur |
Intel | Sierra Forest-SP | 144/144 | DDR5-6400 | PCIe 5.0, CXL 2.0 | Hybrid-Architektur, AI-Beschleuniger |
ARM (Ampere, NVIDIA) | AmpereOne, Grace | bis 192/192 | LPDDR5X/DDR5 | PCIe 5.0, NVLink | Sehr energieeffizien t, ARM-ISA |
*(Instructions per Cycle) ist ein Maß für die Effizienz eines Prozessors. Es gibt an, wie viele Befehle eine CPU pro Taktzyklus ausführen kann.
Hygon setzt auf maximale Parallelität (SMT4, viele Kerne), während AMD und Intel auf moderne Fertigung, hohe Taktraten und spezialisierte KI-Beschleuniger setzen. ARM-Prozessoren hingegen punkten mit Effizienz und Flexibilität, werden aber von mehreren Firmen wie NVIDIA, Qualcomm, MediaTek, Ampere und anderen produziert. Die ARM selbst lizenzierte die Architektur bisher also nur, will aber ab diesem Jahr auch eigene Chips produzieren.
Markt und Wettbewerb
Intel vs. AMD: Der ewige Zweikampf
- Intel dominiert noch immer den Desktop-Markt (ca. 62% Marktanteil), aber AMD holt bei Servern und Gaming-PCs seit einigen Jahren massiv auf.
- AMD überzeugt mit vielen Kernen, starker Multithread-Leistung und vor allem einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Intel punktet jedoch weiterhin mit Single-Core-Performance, Stabilität und in der CPU integrierter Grafik.
- Im Serverbereich hat AMD Intel zuletzt sogar überholt, was Technologiehistorisch durchaus als ein Wendepunkt angesehen werden kann.
ARM: Der flexible Herausforderer
- ARM-Prozessoren werden wie bereits erwähnt von diversen Herstellern gebaut.
- Sie sind extrem energieeffizient, skalierbar und werden in Rechenzentren, Cloud-Servern und zunehmend auch in Laptops eingesetzt.
Wird Hygon der vierte große Player?
- Hygon ist aktuell vor allem auf China beschränkt, aber mit rasant wachsender Eigenentwicklung und beeindruckenden Spezifikationen.
- Die Chips sind für internationale Märkte aber quasi irrelevant, könnten in China mittelfristig jedoch zum Standard werden, vor allem, wenn Sanktionen bestehen bleiben.
ARM im Consumer-Markt – Es gibt auch Schattenseiten
Ein kurzer Exkurs in Richtung Microsoft Surface, da ich mich auch hiermit aktuell stark beschäftige, da ich plane mir in diesem Jahr endlich mal ein neues Notebook zu zulegen. Microsoft setzt bei den neuesten Surface-Geräten nämlich fast ausschließlich auf ARM-Prozessoren aus der Snapdragon X-Serie von Qualcomm.
Vorteile:
- Sehr lange Akkulaufzeit
- Leiser Betrieb, schlanke Bauweise
- Gute Integration für Office und Web
Nachteile:
- Native App-Unterstützung wächst, aber viele ältere oder spezialisierte Windows-Programme laufen nur über Emulation, das kostet Leistung.
- Treiber für z.B. Drucker, Scanner und andere Peripherie fehlen und die Windows Basis-Treiber für ARM funktionieren oft nur Rudimentär.
- In Benchmarks ist die Intel-Variante des Surface Pro 9 bei Single- und Multi-Core-Leistung sowie bei rechenintensiven Aufgaben (z.B. Videobearbeitung, Gaming) dem ARM-Modell deutlich überlegen13.
- Für Power-User und Gamer ist die ARM-Variante aktuell enttäuschend, während sie für Office und Mobilität punktet.
Hygon als vierter Gigant?
Abschließend lässt sich wohl sagen, dass Chinas Hygon-CPUs technisch beeindruckend sind und in den kommenden Jahren in China massiv an Land gewinnen werden und dort bald wohl auch zum Standard werden. Weltweit bleibt der Markt aber ein Dreikampf zwischen AMD, Intel und der ARM-Allianz, wobei ARM zunehmend an Bedeutung gewinnt und Microsoft im Consumer-Bereich neue Wege geht. AMDs Joint Venture mit Hygon war für AMD ein kurzfristiger Rettungsanker, aber kein nachhaltiger Erfolg – und aus heutiger Sicht ein Schritt, den man mit Blick auf geopolitische Risiken wohl nicht wiederholen würde.
Ob Hygon zum globalen Big Player wird, hängt davon ab, ob China es schafft, die technologische Lücke zu schließen und eigene Innovationen zu liefern. Vorallem aber auch, wie offen der Weltmarkt für chinesische Technik bleibt. Bis dahin bleibt Hygon vor allem ein Symbol für Chinas Streben nach digitaler Souveränität.
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