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Tjorben
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Splinter Cell – Deathwatch

Vor einiger Zeit habe ich in meinem Essay über die Splinter Cell Reihe schon ein wenig meine Begeisterung für das Franchise rund um Sam Fisher kundgetan. Nun erschien am 14.10.2025 die neuste Veröffentlichung der Reihe, kein Spiel, sondern eine Serie auf Netflix. Ich habe sie mir angesehen und möchte nun hier ein paar Worte dazu verlieren. Ich versuche hier ohne große Spoiler auszukommen, ganz ohne werde ich aber wohl auch nicht auskommen. Wer die Serie also komplett unbefangen sehen will, sollte jetzt aufhören zu lesen, sich die Serie anschauen und dann hierher zurückkommen. 😉
Worum geht es?
Sam Fisher ist seit einigen Jahren im Ruhestand und hat sich aus dem aktiven Dienst von Fourth Echelon zurückgezogen. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn der sonst seit seiner Kindheit in Maryland lebende US Amerikaner hat sich auf eine kleine, runter gewirtschaftete Farm im Hinterland von Polen verabschiedet und lebt dort als Selbstversorger mit seinem Hund Kaiju. Parallel gerät die Splinter Cell Agentin Zinnia McKenna in Schwierigkeiten und kann sich gerade noch so zu Fisher retten. Dieser ist zwar nicht sehr erfreut, doch gelernt ist gelernt und so nimmt er erst im Alleingang eine Spezialeinheit auseinander und flickt Zinnia dann in einem Safehouse in Danzig wieder zusammen. Wie sollte es auch anders sein, stellt sich im Laufe der Geschichte raus, dass es um mehr geht und Sam und Zinnia Seite an Seite mit alten Bekannten zu tun bekommen.
Künstlerische Freiheiten
Ich will hier gar nicht über die Optik meckern, die ich grundsätzlich als recht gelungen finde, wenngleich ich sagen muss, dass man kaum einen Charakter, mit dem es ein Wiedersehen gibt, wiedererkennen würde. Denn weder Sam selbst noch Grim oder Douglas Shetland haben große Ähnlichkeit zu ihren Versionen aus den Videospielen. Was man bei Anna und Sam noch einigermaßen nachvollziehen kann, denn immerhin spielt die Serie einige Jahre nach Blacklist, Fisher ist mittlerweile über 70, zumindest auf dem Papier. Gott, wenn ich auch nur halb so fit in dem Alter bin, bin ich aber mehr als dankbar. 😅 Shetland der in Chaos Theory das zeitliche gesegnet hat und hier nur in Rückblenden auftaucht ist aber ebenfalls nicht wiederzuerkennen. Leider wurde gerade dieser Part der Geschichte, wie und warum Shetland ums Leben kam in einen anderen Kontext gesetzt und das ist etwas, was mich massiv ärgert, denn wäre man bei der ursprünglichen Geschichte geblieben, hätte es rein gar nichts an der Geschichte oder den Entwicklungen innerhalb von Deathwatch geändert.
Im Gegensatz zur englischen Fassung hat man hier aber an der allseits beliebten und bekannten Stimme aus den Spielen für Sam festgehalten. Martin Keßler spricht den Elite Soldaten, wie schon in den deutschen Versionen der Spiele. Die englische Fassung hingegen setzt auf Liev Schreiber, der den sonst aus den Spielen bekannten Michael Ironside als Stimme für Sam Fisher ersetzt. Diese Änderung geschah allerdings auf Ironsides Wunsch, denn er sah sich wohl nicht mehr im Stande die Rolle noch glaubwürdig zu synchronisieren. Was ich im Falle des um die 70 Jahre alten Sams hier aber nicht ganz nachvollziehen kann. Sei es drum.

Anna Grímsdóttir, als einzige weitere Person, die in Vergangenheit aufgetaucht ist, wurde charakterlich komplett auf links gedreht. Sie ist nun Leiterin der Spezialeinheit und nicht mehr der Typ bzw. die Frau im Stuhl die durch warmherzigkeit glänzte und dennoch nie die wichtigen Fakten außer acht lies, einen einen lockeren Spruch hatte sie zudem sowieo immer auf den Lippen. Nun ist sie zynisch, grimmig und hat anscheinend vergessen, dass sie selbst einen Abschluss am MIT hat. Sie war einst die Hackerin und Technologie Expertin, auf die sich Sam und Lambert immer verlassen konnten. Anstatt sich selbst um Hackerangriffe von außen und die Verschlüsselung durch moderne Algorithmen zu kümmern, holt sie den jungen Studenten „Thunder“ ins Team von Fourth Echelon, der diese Aufgaben mit Leichtigkeit übernimmt. Zwischen ihr und Sam, die immer eine tiefe Freundschaft verbunden hatte, ist ein Kilometer tiefer Graben entstanden und warum man sie nun auch noch zu einer Kettenraucherin gemacht hat, wissen wohl nur die kreativen Köpfe hinter der Show.
Auch Sam selbst hat einige merkwürdige künstlerische Freiheiten erfahren. Der Weggang aus den USA nach Polen passt so gar nicht ins Bild. Sam der immer schon rund um Baltimore gelebt hat, verlässt auf einmal sein Land, welches er Jahrzehnte lang verteidigt hat. Verlässt seine Tochter, die einige Zeit tot geglaubt war und nach unserem letzten Wissensstand selbst als Agentin aktiv ist. Das passt so gar nicht ins Bild. Auch dass er mit 70+ noch immer so ein Haudegen ist, fällt mir schwer zu glauben und um es mit den Worten von Colonel Jack O’Neill zu sagen „Teal’c was sollen die Haare“. Da passt vieles nicht so wirklich zusammen. Un vor allem, was ist zwischen ihm und Grim passiert? Zumindest Staffel 1 deutet hier nur viel an, erklärt aber nicht, wie aus tiefer Freundschaft, solch eine Abneigung entstehen konnte.
Nur eine Essenz von Stealth Action
Ja, es mag vielleicht nicht so einfach sein, ein Spiel, das eigentlich auf Stealth Action ausgelegt ist, vernünftig filmisch umzusetzen, dass es aber geht, zeigen zumindest die ersten Szenen mit Zinnia, die eine starke Hommage an die typischen Mechaniken aus dem Spiel sind. Sie versteckt sich im Schatten, schaltet Gegner lautlos aus und zieht diese in dunkle Ecken, damit man sie nicht findet. Leider schlägt dieses Verhalten sehr schnell um, schon in der selben Szene lässt sie auf einmal drei Gegner im hell beleuchteten Fahrstuhl liegen ohne sich Gedanken darüber zu machen, ob jemand sie wohl finden könnte. Im Verlauf der Serie verkommt die Handlung leider immer mehr zu einer Jason Bourne Geschichte, was grundsätzlich nicht schlechtes ist, denn für einen Spionage Thriller ist das ganze einigermaßen gut geschrieben und als Zeichentrick gar nicht mal so schlecht inszeniert. Auch wenn ich mir manchmal etwas mehr Liebe zum Detail gewünscht hätte, war alles in sich aber stimmig.
Vor allem benutzen weder Zinnia noch Sam großartig die altbekannten Gadgets. Die Tri Scope Nachtsichtbrille kommt mal zum Einsatz, das war es aber. Weder die Haftshocker, noch der Dietrich oder eines der anderen Tools kommt zum Einsatz. Auch bei den Waffen scheint es nicht so, als würde man Sam mit seiner lieblings Pistole, der Five seveN oder dem SC 20K Sturmgewehr ausrüsten. Wenn doch, habe ich es einfach übersehen. Erst in der letzten Folge sieht man Sam überhaupt wieder in seinem taktischen Anzug. Hier hätte einfach mehr drin sein müssen, aber vielleicht ist es auch einfach der zetlichen Einordnung geschuldet.
Das neue Team

Zinnia ist für mich eine schwierige Figur. Sie soll das alte Konzept der Splinter Cells modernisieren, wirkt dabei aber eher wie ein Entwurf, der nicht zu Ende gedacht wurde. In der Theorie steht sie für die neue Generation, in der Praxis fehlt ihr das, was Sam Fisher immer ausgezeichnet hat: Disziplin, Loyalität und ein klares Verständnis dafür, was auf dem Spiel steht. Sie reagiert in einer Szene nicht auf klare Befehle, handelt oft emotional und wirkt in entscheidenden Momenten eher unbedacht als strategisch. Dieses Verhalten mag für einen Neuling verständlich sein, passt aber nicht zu einer Agentin, die allein ins Feld geschickt wird. Was mich am meisten stört, ist ihre Haltung. Sie verdankt Sam ihr Leben, zeigt aber kaum Dankbarkeit. Statt Demut oder Respekt bringt sie eine fast überhebliche Coolness mit, als müsse sie sich selbst beweisen, dass sie besser ist als der alte Mann. Damit macht sie sich in gewisser Weise zu einer Karikatur dessen, was sie eigentlich darstellen soll. Mir fehlt das Gefühl, dass sie versteht, was es bedeutet, ein Splinter Cell zu sein. Fisher hat nie aus Eitelkeit gehandelt, sondern aus Überzeugung.
Jo Ahn und Thunder sind da kaum ein Gegengewicht. Jo bleibt eine Randfigur, funktional, aber blass. Sie führt Fourth Echelon gemeinsam mit Grim, was grundsätzlich interessant sein könnte, doch ohne den Rest des alten Teams wirkt diese neue Struktur seltsam leer. Wo sind Briggs, Hansen oder Wilkes. Selbst Sarah Fisher wird nicht erwähnt, obwohl sie nach den Ereignissen von Blacklist im aktiven Dienst sein müsste.
Thunder wiederum ist ein junger Hacker, der genau weiß, was er kann, und das auch zeigt. Er ist klug, aber arrogant, technisch brillant, aber charakterlich flach. Im Grunde ersetzt er Grim in ihrer alten Rolle, ohne ihren moralischen Kompass zu haben. Er steht sinnbildlich für vieles in Deathwatch: jung, laut, fähig, aber ohne Tiefe.
So bleibt der neue Cast für mich ein fragiles Konstrukt. Die Dynamik, die einst durch Vertrauen, Erfahrung und Loyalität entstand, ist verschwunden. Statt einem eingespielten Team wirkt Fourth Echelon wie ein loses Netzwerk von Einzelspielern.
Reboot tut gut

Meiner Meinung nach ist vor allem Sams Alter und sein fehlender Hintergurnd die Hauptproblematik. Auch wenn Showrunner Derek Kolstad, der unter anderem auch für die John Wick Reihe mit verantwortlich war, sich explizit gewünscht hat, eine Geschichte über den alten Sam zu erzählen, ist der Schuss für mich hier nach hinten los gegangen. Ich will keinen alten Mann sehen, der eigentlich mit allem abgeschlossen hat und am Ende dann doch wieder dazu gezwungen wird aktiv zu werden. Mit 70 Jahren fast noch genau so agil wie in seinen 40ern ist und das Alter eigentlich nur dann ein Problem ist, wenn es thematisiert wird. Wenn man dann noch bedenkt, dass hier einige kleine, aber feine Stellschrauben in der Welt so verändert wurden, dass manche Charaktere und Gegebenheiten kaum wieder zu erkennen sind, muss man sowieso eher von einem Multiversum im Rahmen der Reihe reden und nicht von einer einfachen Fortsetzung. So gern ich Sam auch habe, hätte man hier entweder zeitlich eher ansetzen müssen, was aber schon schwierig ist, da Fisher in seiner lezten kanonischen Geschichte auch schon an die 60 gewesen ist oder aber einfach einen Reboot starten müssen. Einen neu Anfang, der dann auch sämtliche Freiheiten in Sachen Veränderungen erlaubt hätte. Stattdessen haben wir einen Hybriden bekommen, der sich mit seinen vielen kleinen Makeln nie ganz rund anfühlt. Dennoch ist Splinter Cell Deathwatch sehenswert und vor allem, das erste greifbare Lebenszeichen der Reihe nach fast 13 Jahren. Bleibt abzuwarten, das mit dem Splinter Cell Remake, das ja 2026 erwartet wird passiert, immerhin soll es sich hier auch um einen Reboot der Reihe handeln und thematisch soll wohl einiges verändert werden.
The Show must go on
Eine Staffel zwei ist zwar von Netflix bisher nicht bestätigt, doch Kolstad verriet nur einen Tag nach Start der Serie, auf dem IGN Fan Fest 2025, dass er mit der Preproduction von Season zwei bereits begonnen hat. Dabei soll alles größer, härter, brutaler und persönlicher werden. Vor allem aber die losen Enden, die in den ersten acht Folgen aufgemacht wurden, weiter erzählt werden. Ob es das wirklich alles braucht, also größer, weiter und besser sei mal dahin gestellt. Manchmal ist weniger mehr und Sam Fisher ist eben auch nicht John Wick. Wenngleich ich nicht wüsste, ob die Baba Yaga im direkten Duell hier nicht wirklich mal einen ebenbürtigen Gegner hätte. Ich bin ganz ehrlich, auch wenn ich einiges an der ersten Staffel auszusetzen habe, weil es eben nicht das ist, was ich gerne gesehen hätte, bin ich froh, dass es weiter geht. Denn Splinter Cell Deathwatch ist bei aller Kritik, die vor allem für Leute die weder die Spiele noch Bücher kennen wohl mehr als nichtig ist, einfach sehenswert und eine wirklich spannend erzählte Geschichte. Nur bei den Beweggründen der Antagonisten bleibt mir vieles zu eindimensional und würde mehr tiefe vertragen können, aber auch dies ist durchaus eine Parallele zur John Wick Reihe.
Wer nun nicht abgeneigt ist, kann sich alle acht Folgen der ersten Staffel exklusiv auf Netflix anschauen. Mit rund 20 Minuten je Folge kann man die Show tatsächlich auch sehr gut in einem rutsch durch bingen. Alle anderen, haut gern in die Tasten und schreibt in die Kommentare, was eure Eindrücke zur Sendung sind.




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