28 Years Later

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Eigentlich wollte ich erst noch eine Kritik zum neuen Disney Pixar Film Elio schreiben, aber dazu kam ich noch nicht und nachdem ich gestern Abend im fast ausverkauften iSens des UCI in Bochum 28 Years Later gesehen habe, wollte ich meine Gedanken dazu auch direkt in Worte fassen.

Ich hatte mich nämlich sehr auf diesen Film gefreut, ich hatte gehofft, er würde ein würdiger Nachfolger werden. Stattdessen saß ich 116 Minuten lang da und fragte mich immer wieder, was das eigentlich noch mit der 28-Reihe zu tun haben soll. „28 Years Later“ ist für mich eine derbe Enttäuschung. Der Film verfehlt die Atmosphäre, den erzählerischen Biss und die emotionale Tiefe, die seine Vorgänger ausgezeichnet haben. Er fühlt sich nicht wie eine Fortsetzung an, sondern wie ein Fremdkörper mit vertrautem Titel.

Kein Gefühl von Bedrohung

Was mich schon nach wenigen Minuten gestört hat, ist die komplett andere Tonalität. Während „28 Days Later“ und „28 Weeks Later“ von Anfang an mit einem Gefühl der Unmittelbarkeit, Gefahr und Verzweiflung gearbeitet haben, wirkt hier alles erstaunlich leer. Das mag auch an der gewählten Kulisse liegen, eine isolierte Insel bzw. das anliegende Festland, irgendwo an der Nordseeküste Englands, abgeschnitten vom Rest der Welt. Der Schrecken bleibt größtenteils nur theoretischer Natur. Ich habe nie das Gefühl, dass die Figuren in echter Gefahr sind oder dass überhaupt etwas auf dem Spiel steht. Die kalte Grausamkeit der Vorgänger fehlt hier einfach. Zudem haben sich die „Zombies“ auf einmal auch in verschiedene Typen entwickelt, so gibt es die über den Boden kriechende Langsamen, dann gibt es die Schnellen, die jetzt einfach nur nackt sind und dann noch die Alphas. Riesige Hünen, auf die das Virus wie Steroide wirken. Es gibt anscheinend auch so etwas wie ein Sozialleben unter den Infizierten. Vielleicht bekommen wir da ja irgendwann noch eine Doku im Stile von „What we do in the Shadows“ zu.

Der Rest der Welt existiert im Übrigen weiterhin normal weiter, denn nur England befindet sich in Quarantäne. Es gibt jetzt Patrouillen, die aufpassen, dass jeder der das Festland von Großbritannien betritt auch dortbleibt, aber das wars, der Rest der Welt lebt weiter und hat sich längst neu organisiert. Und genau das macht die Entscheidung für dieses Setting aus meiner Sicht so schwach. Statt ein neues Kapitel in einer global veränderten Welt zu erzählen, verkriecht sich der Film in dieses isolierte Stückchen Land.

Austauschbare Figuren, emotionslose Konflikte

Ein weiteres Problem waren für mich die Figuren. Nicht alle sind komplett misslungen, aber fast jede Figur bleibt hinter dem zurück, was sie hätte sein können. Gerade in einer Reihe, die früher von glaubwürdigen Charakteren und emotionaler Fallhöhe lebte, wiegt das schwer.

Alfie Williams als Spike macht seine Sache grundsätzlich gut. Seine Rolle ist nachvollziehbar, seine Entwicklung wirkt streckenweise glaubhaft, auch wenn der Sprung vom ängstlichen Kind zum entschlossenen Zombie-Killer ein wenig zu schnell kommt. Aber das konnte ich noch akzeptieren, schließlich ist er in einer Welt aufgewachsen, in der Gewalt Überlebensmittel ist. Seine Figur trägt den Film emotional, auch wenn seine Reaktionen später manchmal zu oberflächlich wirken, etwa beim Tod seiner Mutter. Was da an emotionaler Verarbeitung passiert, bleibt mir zu vage. Wahrscheinlich ist das in einer Welt in der der Tod Alltag ist, aber auch schlicht und weg normal geworden.

Die bezaubernde Jodie Comer als Isla, Spikes Mutter, hat eine grundsätzlich interessante Rolle, bleibt aber über weite Strecken bloß Mittel zum Zweck. Sie ist der emotionale Katalysator, der alles in Gang setzt, doch viel Tiefe bekommt sie nicht. Ihr Leid, ihre Erkrankung, ihre Opferbereitschaft, das alles wird zwar gezeigt, aber nie wirklich vertieft. Sie ist der tragische Anker der Geschichte, aber eben auch nur das.

Spikes Vater Jamie, gespielt von Aaron Taylor-Johnson, beginnt stark, verliert dann aber komplett an Bedeutung. Sein Charakter wird geradezu aus der Handlung geschrieben. Das ist besonders schade, weil hier ein interessanter Konflikt angedeutet wird. Spike erwischt ihn beim Fremdgehen, während Isla schwer krank zu Hause im Bett liegt. In einer Welt, in der es um reines Überleben und Fortpflanzung geht, wäre das kein klassischer Verrat gewesen, sondern ein moralisch komplexer Moment. Doch der Film geht darauf kaum ein. Dabei hätte man daraus einen echten Konflikt stricken können, gerade weil zu dem Zeitpunkt noch nicht klar war, dass außerhalb von Großbritannien alles seinen gewohnten Gang geht.

Dann gibt es noch Dr. Kelson, gespielt von Ralph Fiennes, der eigentlich eine faszinierende Figur ist, aber komplett im Nebel bleibt. Er erkennt Islas Krankheit als gelernter Mediziner, hat sich aber über viele Jahre hinweg in eine Art spiritueller Einsiedler verwandelt. Er lebt zurückgezogen, hat eine groteske Tempelstruktur aus Knochen errichtet und scheint zwischen Wissenschaft und Religion hin und her zu schwanken. Einerseits will er etwas Bleibendes schaffen, andererseits philosophiert er darüber, dass auch Knochen irgendwann zerfallen. Er hat Infizierte offenbar studiert, einige auch getötet und lässt trotzdem mindestens einen Alpha mehrfach am Leben, obwohl er ihn problemlos hätte beseitigen können. Warum, bleibt unklar, denn gerade die Alphas stellen eine der größten Gefahren dar. Seine Entscheidungen wirken wie ein Puzzle mit zu wenigen Teilen. Und das ist ärgerlich, weil gerade diese Figur so viel Potenzial gehabt hätte, den Film thematisch zu verankern; irgendwo zwischen postapokalyptischer Ethik, Spiritualität und Wahnsinn.

Die Figuren in „28 Years Later“ sind keine reinen Platzhalter, aber sie werden nie zu etwas Größerem. Sie erzählen keine Geschichten, sie illustrieren sie bestenfalls. Und das ist zu wenig, wenn man aus einer Filmreihe kommt, in der man einst mit Cillian Murphy aufgewacht ist und gespürt hat, was es heißt, allein zu sein in einer Welt, die zusammengebrochen ist.

Die Kamera als Stolperstein

Besonders schwer wiegt für mich die visuelle Umsetzung. Ich kann künstlerische Entscheidungen respektieren, aber was hier als Stil verkauft wird, wirkt für mich einfach nur billig. Große Teile des Films wurden mit iPhones gedreht, konkret mit dem iPhone 15 Pro Max in ProRes Log, und das merkt man. Überall im Bild gibt es Unschärfen, digitale Artefakte, matschige Kanten, krisselige Unsaubere Bilder, ein ständiges Rauschen in dunklen Szenen. Das Ganze wirkt wie ein YouTube-Kurzfilm mit gutem Cast, aber nicht wie ein Kinofilm der mindestens 60 Millionen Dollar Budget hatte.

Zugegeben, die 28-Filme, vorallem der Erste Teil, sahen nie sonderlich gut aus und hatten immer einen roughen indepndent Look. Was ich aber beim ersten Teil noch akzeptiere, weil er eben ein kleines Projekt war und der zweite sich dahingehend schon deutlich verbessert hatte und eher aus heutiger Sicht nicht mehr ganz frisch aussieht, ist bei „28 Years Later“ ein gewählter Look, der für mich einfach nicht funktioniert.

Regisseur Danny Boyle erklärte zwar in Interviews, dass er sich bewusst für Smartphones entschieden habe, um flexibler und roher drehen zu können. In einer Szene habe man sogar ein Rig mit 20 iPhones parallel zum Einsatz kommen lassen, um eine Art Low-Budget-Bullet-Time zu simulieren. Laut Boyle sollten so authentische Bilder entstehen, die große Kameras so gar nicht einfangen könnten, vor allem in engen, chaotischen Situationen. Für mich hat das aber nichts mit Authentizität zu tun, sondern mit einem fragwürdigen ästhetischen Konzept, das im Ergebnis aussieht wie eine Mischung aus Found Footage und Frühwerk eines Filmstudierenden.

Es ist aber so, dass es sich hier nur um den ersten Teil einer neuen Reihe ggf. sogar Trilogie handelt und viele Sets, Schauspielverträge und Drehtage bereits parallel für den nächsten Film verwendet wurden. Der zweite Teil, „The Bone Temple“, soll bereits im Januar 2026 erscheinen. Das erklärt zumindest zum Teil, wo das Geld geblieben ist. Aber selbst dann bleibt die Frage offen, warum ein Film, der visuell so sehr nach Billigproduktion aussieht, wie ein Prestigeprojekt beworben wird.

Tonale Brüche, unlogisches Verhalten

Was ebenfalls nicht funktioniert, ist der Ton des Films. Mal will er tiefgründig und tragisch sein, dann wieder grotesk und überdreht. Besonders das letzte Drittel schlägt Haken wie ein Kaninchen auf LSD. Szenen, die wohl schockieren oder zum Nachdenken anregen sollen, werden plötzlich von albernen Einschüben konterkariert, die wie aus einer anderen Welt wirken. Ich saß da und wusste nicht mehr, was der Film mir eigentlich sagen will.

Trotz ein paar gut gemeinter emotionaler Momente, etwa der Beziehung zwischen Mutter und Sohn, bleibt der Film für mich auf emotionaler Ebene kalt. Ich habe nichts gespürt. Keine Wut, keine Angst, keine Trauer. Nur Frustration und irgendwann Gleichgültigkeit. Und das ist vielleicht der schlimmste Vorwurf, den man einem Film dieser Reihe machen kann.

Inhaltlich wirkt „28 Years Later“ wie eine lose Sammlung an Ideen, die nie zu Ende gedacht wurden. Alpha-Zombies, eine merkwürdige neue Gesellschaftsordnung, schwangere Infizierte, ein pseudo-religiöses Oberhaupt, das irgendwo zwischen Messias und Meme schwankt, all das wirkt wie Setups für Spin-Offs, aber nicht wie eine in sich schlüssige Geschichte. Der Film wirkt überladen und gleichzeitig leer. Viele Themen werden angerissen, aber nichts wird wirklich vertieft oder sauber auserzählt. Gesellschaftliche Bezüge wie Nationalismus, Überwachung oder Isolationismus flackern kurz auf, verlöschen aber genauso schnell wieder.

„28 Years Later“ hat mich weder als Fortsetzung noch als eigenständiger Film überzeugt. Er verpasst es, auf dem aufzubauen, was seine Vorgänger stark gemacht hat. Stattdessen verstrickt er sich in eigenen Ambitionen, verliert dabei aber die Figuren aus dem Blick, verzettelt sich in seiner Erzählweise und liefert dazu eine visuelle Umsetzung, die für mich alles andere als kinotauglich ist. Das war kein Neuanfang, das war ein verwackelter Epilog, den ich am liebsten schnell wieder vergessen würde. Und ob „The Bone Temple“ da noch etwas retten kann, wird sich zeigen, aber nach diesem Einstieg bin ich mehr als vorsichtig geworden, was meine Erwartung und Vorfreude angeht. Wir werden es im Januar 2026 erfahren. Jetzt bin ich aber auf eure Meinung gespannt. Habt ihr den Film gesehen? Wollt ihr ihn noch schauen? Haut es gerne hier in den Kommentaren oder auch unter meiner Kurzkritik auf Letterboxd raus.

Wer sich die beiden ersten Teile noch mal angucken will, kann dies aktuell am ehestem im Stream oder auf Blu-ray und DVD tun, die beiden letzteren Medien sind aber Out of Print und lassen sich wohl am am einfachsten auf Flohmärkten oder Kleinanzeigen finden. Im Folgenden habe ich euch alle Streaming bzw. Online Ausleihe Informationen von WerStreamt.es verlinkt.

28 Days Later

28 Weeks Later

Trailer zu 28 Years Later

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