Yumeochi – Der Traum von der zweiten Chance

yumeochi_gang
Unbenannt-1-1024x364 Yumeochi – Der Traum von der zweiten Chance

Vor einigen Monaten habe ich durch Zufall beim schlendern durch die hiesige Buchhandlung den Manga Yumeochi – Dreaming of Falling for You entdeckt. Das Cover sprach mich direkt an und nach Lektüre des Klappentexts war mein Interesse insoweit geweckt, dass ich den Manga spontan mitgenommen habe. Kürzlich ist der vierte und auch letzte Band der Reihe erschienen. Hier möchte ich nun meine Eindrücke zu dieser kleinen Reihe schildern.

Yumeochi hat mich mit seiner Prämisse sofort neugierig gemacht: Was wäre, wenn man seine Jugend noch einmal im Traum durchleben könnte, und zwar mit all dem Wissen und den Reuegefühlen, die man heute hat? Als jemand, der selbst hin und wieder über verpasste Chancen in der Schulzeit nachdenkt, habe ich mich von dieser Idee definitiv angesprochen gefühlt.

Zurück in die Schule

Im Zentrum der Geschichte steht Tsutomu Chono, ein zurückhaltender Student, der mit 21 Jahren seiner Schulzeit nachtrauert, die er aus seiner Sicht nicht sinnvoll genutzt hat. Er steckt in einem ziemlich tristen Alltag fest, als Single, zwischen Jobs und Schmuddel-Heftchen, voller Reue über nicht genutzte Chancen. Doch eines Tages ändert sich alles schlagartig. Bei einem seiner Teilzeitjobs fällt ihm ein mysteriöser Manga in die Hände und als Tsutomu beim Lesen einschläft, findet er sich plötzlich in seine eigene Schulzeit zurückversetzt wieder. Es scheint eine Art Klartraum zu sein, in dem er sein volles Bewusstsein und die Möglichkeit hat, alles anders zu machen als damals.

In diesen Träumen nutzt Tsutomu also die Gelegenheit, seine Jugend neu zu erleben und diesmal mutiger zu handeln. Er trifft auf Mitschülerinnen, zu denen er im echten Leben nie Kontakt hatte, und versucht, frühere Fehler wiedergutzumachen. So ist seine erste Begegnung mit Ageha Asakura, die sich in der Traumwelt ganz anders verhält als in der Realität, wirklich nachhallend. Während Ageha in Tsutomus Erinnerung einst ein schüchternes, braves Mädchen war, begegnet sie ihm im Traum als lebhafte, offene Version ihrer selbst. Sie bringt ihn regelmäßig aus dem Konzept und wird zur Schlüsselfigur seiner zweiten Jugend.

Natürlich bleibt es nicht bei dieser einen Person: Tsutomu trifft in seinen Träumen auch auf andere Mädchen aus seiner Klasse, etwa die warmherzige Saki Omura oder die geheimnisvolle Ruri Tateha. Mit der Zeit treten immer mehr Figuren in den Vordergrund. Die Geschichte stellt dabei immer wieder die Frage, wie real diese Traumwelt eigentlich ist und ob Tsutomu womöglich nicht der Einzige ist, der nächtlich in die Vergangenheit reist.

Band für Band – eine spoilerfreie Übersicht

image-6-720x1024 Yumeochi – Der Traum von der zweiten Chance

Band 1 bildet den Auftakt der Geschichte und führt uns in Tsutomus melancholischen Alltag als Student ein. Wir lernen seine Lebenssituation kennen und seine Unzufriedenheit mit der Vergangenheit. Durch Zufall gelangt er einen seltsamen Manga, durch den er im Stande ist seine Träume bewusst war zu nehmen und zu beeinflussen. Die erste Traumreise bringt ihn zurück in seine Schulzeit, wo er auf Ageha Asakura trifft, die sich in der Traumwelt als frech, lebendig und herausfordernd entpuppt. Besonders schön ist hier der Kontrast zwischen Tsutomus innerer Unsicherheit und der überdrehten „Realität“ der neuen Traumwelt. Der Schulhof, das Klassenzimmer, Heimweg und auch Agehas Kinderzimmer werden zur Bühne für erste kleine Annäherungen. Wir lernen auch Ihre Mutter kennen, die im weiteren Verlauf des Manga aber keine Rolle mehr spielt. Bereits hier beginnt Tsutomu jedoch innerlich mit sich zu hadern, ob das alles real ist und ob er diese Art von Traum überhaupt genießen darf?

image-11 Yumeochi – Der Traum von der zweiten Chance

Band 2 erweitert das Figurenensemble und bringt mit Saki Omura eine neue zentrale Figur ins Spiel. Saki, die in der Realität eher zurückhaltend war, wird in der Traumwelt zur verständnisvollen Begleiterin und entwickelt sich fast schon zur emotionalen Gegenspielerin von Ageha. Es kommt zu ersten, subtilen Spannungen zwischen den Mädchen. Gleichzeitig nimmt die Welt etwas an Tiefe zu. Die Schüler planen einen gemeinsamen Besuch in einer Karaoke Bar, die eher einem Stundehotel ähnelt. Befinden sich sonst größtenteils der Geschichte aber auf dem Schulgelände oder einem Café. Tsutomu beginnt, seinen veränderten Traumalltag ernster zu nehmen, er hinterfragt nicht nur seine Gefühle, sondern beginnt sich zu überlegen, ob er in der realen Welt überhaupt noch etwas vermisst. Seine Selbstzweifel stehen zunehmend im Widerspruch zur wachsenden Faszination für die Traumwelt.

image-10-720x1024 Yumeochi – Der Traum von der zweiten Chance

Band 3 bringt eine dritte wichtige Figur ins Spiel: Ruri Tateha, ein eher angriffslustiges und geheimnisvolles Mädchen mit einem etwas anderen Blick auf die Dinge. Sie bringt eine neue Atmosphäre in die Dynamik der Gruppe und wird vor allem für Tsutomu zur Quelle der Irritation und vielleicht auch Faszination. Schauplatz ist wie gehabt zum Großteil das Schulgelände. Gleichzeitig wird die Traumwelt intensiver, aber auch instabiler. Das Spiel mit Wunsch und Realität gerät zunehmend aus dem Gleichgewicht. Tsutomu muss sich mehr und mehr fragen, was diese Erfahrungen mit ihm machen und ob es überhaupt ein Zurück gibt. Seine Gedanken, seine Jugend im Traum nachzuholen um im echten Leben sicherer zu werden, werden zwar immer wieder erwähnt, bekommen aber kaum nachhaltig Aufmerksamkeit.

Zudem bietet diese Ausgabe neben dem Bonus Manga auch noch eine zusätzliche Kurzgeschichte, mit gänzlich anderen Figuren und völlig losgelöst von Hauptmanga an. AC Project erzählt in wenigen Seiten die Geschichte von einem Illustrator der aufgrund einer nicht ganz ernst gemeinten Wette zu neuer Inspiration kommt. Ganz nett, aber ich hätte durchaus lieber mehr Story von Yumeochi gelesen.

image-8-720x1024 Yumeochi – Der Traum von der zweiten Chance

Band 4 stellt das Finale der kleinen Reihe dar. Zwar stößt keine neue Hauptfigur mehr zur Geschichte hinzu, doch die Dynamiken zwischen Tsutomu, Ageha, Saki und Ruri spitzen sich zu. Es geht darum, Entscheidungen zu treffen und sich den Konsequenzen der eigenen Gefühle zu stellen. Der Fokus liegt wieder stärker auf Ageha, mit der Tsutomu einige emotionale Momente hatte. Die Gruppe holt in diesem Band eine Klassenfahrt nach und es gibt eine Szene im Onsen Bad. Beides war zwar eine nette Idee, fühlte sich aber eher wie Set Piece für den Fan Service ohne wirklichen Mehrwert an. Vor allem im Onsen, wo dann Nebelschwaden alle Blicke auf interessantes verwehrten. Ohne große Spoiler sei gesagt: Die Geschichte endet nicht mit einem Knall, sondern mit einem leisen, aber passenden Nachklang. Dennoch wirkt es zum Teil etwas übereilt und die Entwicklung zwischen den Figuren ist nicht ganz nachvollziehbar. Es wirkt fast so, als hätte man ursprünglich mehr Bände eingeplant. Hier muss ich sagen, hätte ein weiterer Band oder zumindest noch mal ein, zwei Kapitel mehr, durchaus geholfen, die Sache runder zu machen.

Die Bonus Manga

Wo wir bei runden Sachen wären, komme ich auf die Bonuskapitel, am Ende der ersten drei Bände zu sprechen. Diese kurzen, nicht-kanonischen Szenen dienen dem reinen Fanservice und das ziemlich unverblümt. Während der Hauptmanga trotz diverser erotischer Zeichnungen absolut züchtig bleibt und sich eher auf tiefe Dekolletés und Unterhöschen beschränkt, zeigen die Bonus Manga tatsächlich unzensierte Brüste und spielen deutlich stärker mit sexuellen Fantasien von Tsutomu. Die Prämisse ist ganz einfach, wenn Tsutomu einen erotischen Manga unter den mysteriösen Manga legt, der für seine luziden Träume verantwortlich ist, träumt er die Geschichte des erotischen Werkes nach, in vollem Bewusstsein versteht sich. Die drei Kapitel  sehr leichtfüßig und eindeutig auf ein erwachseneres Publikum zugeschnitten. Bleiben aber dennoch brav, es kommt nie zu expliziten Handlungen.  Schade ist zudem, dass der vierte Band auf ein solches Extra verzichtet, wenngleich es hier auch damit zu erklären ist, dass Tsutomu sich nicht mehr so einfach in einen Klartraum bewegen kann wie zuvor.

Die Figuren – mehr als nur Projektionen?

Tsutomu Chono – Der Suchende zwischen Reue und Hoffnung

chono-1 Yumeochi – Der Traum von der zweiten Chance

Tustomu ist der Protagonist der Serie und verkörpert das Thema „zweite Chance“ wie kein anderer. Zu Beginn erleben wir ihn als typischen jungen Erwachsenen, der von seiner eigenen Vergangenheit enttäuscht ist. Er sieht sich selbst als jemanden, der seine Jugend verschwendet hat, zu schüchtern, zu zurückhaltend, zu wenig risikofreudig. Diese Selbstzweifel und das ständige Grübeln machen ihn zu einer Figur, mit der sich viele Leser, ich mitunter auch, sehr gut identifizieren können.

Mit dem Fund des mysteriösen Mangas und den daraus resultierenden Traumreisen bekommt Tsutomu die Möglichkeit, seine Jugend noch einmal zu erleben, diesmal mit dem Wissen und den Gefühlen eines Erwachsenen. Anfangs ist er vorsichtig, fast ängstlich, und traut der neuen Realität nicht. Doch mit jeder Begegnung, vor allem mit Ageha, aber auch mit Saki und Ruri, wächst sein Selbstvertrauen. Er wagt es, Dinge zu tun, die er sich früher nie getraut hätte und lernt, dass Mut und Offenheit auch belohnt werden können.

Trotz aller Fortschritte bleibt Tsutomu aber ein eher ruhiger und nachdenklicher Charakter. Er zweifelt immer wieder an der Echtheit seiner Erfahrungen und fragt sich, ob er sich in der Traumwelt verliert. Die Grenze zwischen Wunsch und Wirklichkeit verschwimmt zunehmend, was ihn emotional fordert. Seine Entwicklung ist glaubwürdig, denn er wird zwar mutiger, bleibt aber sensibel und reflektiert. Am Ende steht nicht die perfekte Selbstverwirklichung, sondern die ehrliche Auseinandersetzung mit sich selbst und seinen Möglichkeiten, mal eine schöne Weiterentwicklung und keine einfach 180°-Wendung.

Tsutomu ist aber nicht nur der „Empfänger“ der Veränderungen, sondern auch der Auslöser für Entwicklungen bei den anderen Figuren. Seine Unsicherheiten, seine kleinen und großen Schritte aus der Komfortzone und seine Bereitschaft, sich auf die Traumwelt einzulassen, machen ihn zum Herzstück der Serie.

Ageha Asakura – Mehr als nur das Love Interest

ageha Yumeochi – Der Traum von der zweiten Chance

Ageha ist die zweite zentrale Figur in der Geschichte. Sie steht beispielhaft für das Motiv der „verpassten Jugend“. Im echten Leben erscheint sie als zurückhaltende, beinahe unscheinbare Schülerin, die von Mitschülern kaum beachtet wird und sich selten in den Mittelpunkt stellt. Ihre Unsicherheit und soziale Zurückhaltung spiegeln Tsutomus eigene Zweifel und seine Reue über eine „ungenutzte“ Jugendzeit wider.

In Tsutomus Traumrealität erfährt Ageha eine radikale Verwandlung. Hier tritt sie als selbstbewusstes, quirliges und oft auch freches Mädchen auf, das keine Scheu hat, Tsutomu direkt und offensiv zu begegnen. Sie ist humorvoll, schlagfertig und bringt mit ihrer Energie und Spontanität Schwung in die oft melancholische Atmosphäre von Tsutomus Traumwelt. Besonders im ersten Band ist sie die treibende Kraft, sie sucht aktiv Tsutomus Nähe, flirtet mit ihm und fordert ihn immer wieder heraus, über seinen Schatten zu springen.

Ageha ist nicht nur das klassische Love Interest, sondern wird zum Katalysator von Tsutomus Persönlichkeitswandel. Durch ihre offene, manchmal provokante Art zwingt sie ihn, sich mit seinen Ängsten, Sehnsüchten und Unsicherheiten auseinanderzusetzen. Sie ermutigt ihn, neue Erfahrungen zu machen, und gibt ihm das Gefühl, dass er in der Traumwelt tatsächlich eine zweite Chance hat. Ihre Präsenz sorgt dafür, dass Tsutomu nach und nach mutiger wird und beginnt, sich selbst und seine Wünsche ernst zu nehmen.

Trotz ihrer Lebendigkeit in der Traumwelt bleibt Ageha eine vielschichtige Figur. Immer wieder blitzen Momente auf, in denen ihre eigene Unsicherheit und Verletzlichkeit sichtbar werden, besonders, wenn sie merkt, dass die Traumwelt nicht frei von Konsequenzen ist. Ihre Motivation, in der Traumwelt „alles nachzuholen“, ist eng mit ihrer eigenen Unzufriedenheit im echten Leben verknüpft. Sie möchte nicht nur Tsutomu helfen, sondern auch sich selbst beweisen, dass sie mehr sein kann als das stille Mädchen aus der Realität.

Agehas Beziehung zu den anderen Mädchen, insbesondere zu Saki und Ruri, ist von Konkurrenz, aber auch Solidarität geprägt. Sie nimmt eine Führungsrolle ein, ist aber auch eifersüchtig und verletzlich, wenn Tsutomu anderen Mädchen Aufmerksamkeit schenkt. Diese Vielschichtigkeit macht sie zu einer glaubwürdigen Figur, die mehr ist als nur ein Sidekick des Protagonisten.

Ageha steht symbolisch für das Potenzial, das in jedem Menschen schlummert, wenn er die Angst vor Zurückweisung und Scheitern überwindet. Ihre Entwicklung zeigt, dass die Traumwelt nicht nur ein Ort der Flucht, sondern auch der Selbstfindung und des Wachstums sein kann.


Saki Omura – Die stille Rebellin mit weichem Kern

saki Yumeochi – Der Traum von der zweiten Chance

Saki wird in Band 2 eingeführt und ist in der Realität vor allem für ihre Schulabwesenheit bekannt. Sie schwänzt häufig den Unterricht oder zieht sich ins Krankenzimmer zurück, um der Welt zu entfliehen. In der Traumwelt wirkt sie auf den ersten Blick ähnlich distanziert, doch bald zeigt sich: Saki ist sehr schüchtern, sensibel und hält andere eher auf Abstand, weil sie Angst vor Zurückweisung hat.

Mit der Zeit beginnt sie, sich in Tsutomus Nähe wohler zu fühlen, und entwickelt offenbar romantische Gefühle für ihn. Dabei bleibt sie jedoch zurückhaltend und zeigt ihre Zuneigung eher durch kleine Gesten und Worte als durch offensives Verhalten. Ihre Entwicklung ist leise, aber tiefgreifend: Sie öffnet sich langsam, beginnt zu vertrauen und wird so zu einer emotional glaubwürdigen Figur, die man ins Herz schließen kann.

Saki bringt eine ruhige, fast melancholische Energie in die Gruppe, ergänzt Agehas vorwärtsdrang und sorgt mit ihrer nachdenklichen Art für Balance. Ihre Beziehung zu Ageha ist von gegenseitigem Respekt, aber auch leiser Rivalität geprägt. Sie ist keine klassische Außenseiterin mehr, sondern ein fester Bestandteil der Traumwelt – mit einem Herz, das mehr fühlt, als sie zu zeigen wagt.

Ruri Tateha – Das Rätsel mit der großen Klappe

ruri Yumeochi – Der Traum von der zweiten Chance

Ruri erscheint erstmals in Band 3 und ist sofort eine Figur, die auffällt. Im Gegensatz zu Ageha und Saki tritt sie mit deutlich mehr Selbstbewusstsein auf. Sie ist direkt, oft frech und scheut sich nicht, Tsutomu auch mal in die Enge zu treiben, verbal wie emotional. Dabei bleibt sie charmant und sorgt mit ihrer unbekümmerten Art für viele überraschende Momente.

Ruri bringt neue Energie in die Gruppendynamik. Ihre forsche Art lässt sie manchmal wie eine Provokateurin wirken, doch dahinter steckt ein gutes Gespür für Stimmungen. Sie ist keineswegs oberflächlich – im Gegenteil: Ihre Direktheit täuscht darüber hinweg, dass sie sehr genau beobachtet und mitfühlt. Besonders ihre Interaktionen mit Tsutomu zeigen, dass sie gezielt Reaktionen provoziert, um ihn aus der Reserve zu locken.

Für Tsutomu ist Ruri anfangs schwer einzuordnen. Ihre Flirts sind offensiv, ihre Aussagen manchmal doppeldeutig, doch er spürt schnell, dass hinter ihrer Fassade mehr steckt. Zwischen ihnen entsteht eine Spannung, die sich durch neckische Dialoge, intensive Blicke und kleine Szenen der Nähe aufbaut. Ob sich dahinter echte Gefühle verbergen oder Ruri einfach mit der Situation spielt, bleibt lange offen.

Ihre Rolle in der Gruppe ist die der Unruhestifterin mit Herz. Sie bringt Tsutomu zum Nachdenken, konfrontiert ihn mit Dingen, die er gerne verdrängt, und hält der Traumwelt damit einen Spiegel vor. Gerade weil sie kein Blatt vor den Mund nimmt, ist sie ein wichtiger Kontrapunkt zu den anderen Mädchen und vielleicht die ehrlichste Figur von allen.

Der Autor

Ich muss gestehen, Ryouma Kitada war mir vor Yumeochi kein Begriff. Also habe ich ein wenig im Internet recherchiert und hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit zusammengetragen.

Kitada stammt, welch Wunder, aus Japan. Er hat an der Waseda University in Tokio studiert und ist wohl 1997 geboren. Damit dürfte er aktuell ca. 27 Jahre alt sein. Er begann seine Karriere als Dōjinshi-Künstler, also im Bereich selbstveröffentlichter Manga, bevor er mit „Mu and I“ erste Aufmerksamkeit im kommerziellen Umfeld gewann.

Seinen größeren Durchbruch erzielte er aber mit Super HxEros, einem Mix aus Sentai-Ästhetik, Humor und Erotik. Dieser Manga wurde auch als Anime adaptiert, mit insgesamt 12 Folgen und zwei OVAs. Die Reihe ist dabei ist zudem international bekannt, denn auch in Deutschland ist Super HxEros zumindest als Animeerhältlich. Der Manga hingegen ist hier nicht offiziell erschienen, sondern nur als englische Printveröffentlichung verfügbar.

Kitada veröffentlicht seine Manga in der Regel zunächst kapitelweise in bekannten japanischen Magazinen, meist im Umfeld von Shueisha, einem der größten Manga-Verlage Japans. Erst nach der Vorveröffentlichung in diesen Magazinen erscheinen die Kapitel gesammelt als Tankōbon-Bände, was ein üblicher Weg in der japanischen Manga-Industrie ist.

Super HxEros als sein bekanntestes Werk ist eine Mischung aus RomCom, Harem und Sci-Fi. In dieser Welt rauben alienhafte Wesen namens „Kiseichuu“ den Menschen ihre Libido, woraufhin ein Team aus jungen Teenagern mit „erotischen“ Superkräften zurückschlägt. Der Manga ist wesentlich freizügiger als Yumeochi und zeigt regelmäßig nackte weibliche Oberkörper. Er verzichtet dabei dennoch auf die explizite Darstellung von sexuellen Handlungen. Die Erotik bleibt also auf einem ausgeprägten Ecchi-Niveau, wird jedoch deutlich offensiver inszeniert als in anderen RomComs.

Von all seinen Titeln ist hierzulande aktuell nur Yumeochi vollständig als Manga bei Crunchyroll (ehemals Kazé Manga) erhältlich. Super HxEros ist wie gesagt nur auf Englisch als Printfassung (Seven Seas) verfügbar und alles andere gar nicht erhältlich, weswegen ich mir eine weitere Auflistung an dieser Stelle auch spare.

Neben seinen Print-Veröffentlichungen betreibt Kitada auch einen X-Account (ehemals Twitter) sowie eine Pixiv– und Fantia-Seite, auf der er kostenpflichtige Illustrationen und Skizzen teilt. Beide Plattformen sind ausschließlich auf Japanisch und damit für westliche Leser nur schwer verständlich, bieten aber sicherlich interessante Einblicke in sein kreatives Schaffen, sofern man an der Paywall vorbeikommt; da dann wohl auch inklusive expliziter Motive. Für Fans des Künstlers, die der japanischen Sprache nicht mächtig sind, gibt es dann aber auch noch eine Patreon-Seite, die ebenfalls mit einer meiner Meinung nach happigen Paywall belegt ist, um an den Content zu kommen.

Zurück zu Yumeochi

Der Manga hat mich durchaus unterhalten. Emotional jetzt nicht unbedingt tief gepackt, aber dennoch hat er ein paar Momente gehabt, die bei mir irgendeinen Nerv getroffen haben. Letztendlich hat mich die kleine Geschichte aber nicht restlos überzeugt, vor allem, weil mir das Ende viel zu schnell kam und kaum eine richtige Entwicklung über die vier Bände möglich war. Die Idee an sich ist wirklich kreativ, die Zeichnungen fand ich größtenteils sehr ansprechend und auch der Humor saß an den meisten Stellen ziemlich gut.

Allerdings gab es beim Lesen auch ein paar Dinge, die mich hin und wieder ins stolpern gebracht haben. So unterscheidet sich die optische Darstellung der Figuren teils stark zwischen Realität und Traumwelt, z.B. durch wechselnde Frisuren, Haarfarben oder Kleidungsstile. Das ist natürlich auch so gewollt, aber gerade bei schnellen Übergängen oder Dialogszenen musste ich manchmal kurz überlegen, mit wem, wo und in welcher „Ebene“ die Handlung gerade spielt. Das ist naürlich kein Weltuntergang, aber es kann den Lesefluss ein wenig stören.

Ein größerer Kritikpunkt betrifft für mich die charakter bzw. auch romantische Entwicklung. Tsutomu scheint sich auf gewisse Weise zu allen drei Mädchen hingezogen zu fühlen, mal körperlich, mal emotional, aber so richtig greifbar werden weder seine Gedanken, noch seine Entscheidung für den Leser. Gegen Ende deutet sich zwar etwas zwischen ihm und Saki an, während Ageha etwas in den Hintergrund rückt und Ruri mehr zur vertrauten Freundin wird. Diese Verschiebung passiert eher expositionell im Vorbeigehen, ohne dass man als Leser wirklich auf die Reise der Entwicklung mitgenommen wird. Ich hatte ehrlich gesagt erwartet, dass es schlussendlich auf Ageha als Love Interest hinausläuft, weil ihre Verbindung zu Tsutomu den stärksten Start hatte. Ein klares Happy End bleibt letztlich aber ja auch aus, vieles bleibt ganz bewusst offen und nur angedeutet.

Neben der Kürze der Geschichte, die letztendlich zu Lasten der Tiefe geht, bleibt auch das Setting zu brav für meinen Geschmack. Das ständige Teasing, die freizügigen Posen, das sichtbare Knistern zwischen Tsutomu und seinen Mitschülerinnen, all das suggeriert mehr, als am Ende passiert, und passt für mich nicht ganz in eine Traumwelt, in der eigentlich alles möglich sein sollte. Es bleibt aber maximal beim Kuscheln und bei den fürs Genre typischen Blicken in tiefe Ausschnitte oder auf exponierte Unterwäsche. Die Mädels grabschen sich gegenseitig mal an die (zensierten) Brüste, das war es dann aber auch schon. Wer auf eine echte Liebesgeschichte oder zumindest körperliche Nähe hofft, wird maximal vertröstet. Mehr Mut und Ausdauer hätten Yumeochi aus meiner Sicht gutgetan.

Abschließend lässt sich sagen, dass Yumeochi – Dreaming of Falling for You ein Manga ist, der einen gewissen Charme und vor allem ein cleveres Konzept mitbringt. Wer sich für Jugenddramen, romantische Tagträume und hübsch gezeichnete Charaktere interessiert, wird hier sicher seine Freude haben. Gleichzeitig bleibt ein kleiner Nachgeschmack, das Ganze hätte etwas mehr Biss, mehr Konsequenz, vielleicht auch etwas mehr Mut verdient gehabt. Ich habe aber alle vier Bände gerne gelesen und ein bisschen träume ich seitdem auch davon, meine eigene Schulzeit noch einmal zu besuchen.


*Amazon Links sind Afililiate-Links, für die ich eine kleine Provision erhalte, wenn ihr darüber etwas bestellt. Für euch wird das Produkt damit aber nicht teurer.

Kommentar verfassen