Winspector

Ich bin 1986 geboren, und somit in den 1990ern groß geworden und sehe mich daher ganz klar als Kind der Neunziger. Eine Zeit voller Frühstücksflocken, K-RTL und dem legendären Samstagmorgen-Kinderprogramm auf RTL. Der kleine Tjorben saß damals regelmäßig mit einer Schale Smacks oder Frosties vor dem Fernseher und tauchte ein in die wildesten Abenteuer mit den Power Rangers, Hero Turtles, Biker Mice from Mars, Captain Planet, Samurai Pizza Cats, Dino Riders und natürlich Winspector.
Gerade diese letzte Serie entfacht eine bis heute tief verwurzelte Faszination in mir. Ich erinnere mich noch genau an das Gefühl, wie ich mit leuchtenden Augen vor dem Flimmerkasten saß und kaum glauben konnte, was ich da sah. Ich war wie hypnotisiert, wenn sich Polizist Robin in Fire verwandelte, in seinem glänzenden, roten Metallanzug und zusammen mit seinen beiden Roboter-Kollegen Bycle und Walter die Stadt Tokio beschützte.
Special Rescue Police Winspector
Winspector ist eine japanische Live-Action-Serie aus dem Jahr 1990, die im Rahmen des Metal-Hero-Genres produziert wurde und klar dem Tokusatsu-Kosmos zugeordnet werden kann. Die deutsche Erstaustrahlung fand zwischen 1992 und 1993 auf RTL statt und wurde für mich schnell zu einem der wichtigsten Formate im damaligen Kinderprogramm. Die Serie erzählte von einer futuristischen Spezialeinheit der Polizei, die bei besonders gefährlichen Einsätzen gerufen wurde und mit Hilfe modernster Technik, robotischer Partner und spezieller Kampfanzüge für Recht und Ordnung sorgte. Im Mittelpunkt stand Robin (Ryoma) Kagawa, der sich mithilfe eines Spezialanzugs in den Helden Fire verwandeln konnte. Unterstützt wurde er von zwei Androiden, dem robusten Walter und dem analytischen Bycle, die zusammen mit ihm auf Verbrecherjagd gingen, Menschen retteten und brenzlige Situationen entschärften. Was sich heute wie eine stereotype Mischung aus Science-Fiction und Krimi liest, war für mich damals ein absoluter Game Changer. Anders als z.B. bei den Power Rangers, wo vor allem große Monster und bunte Explosionen den Ton angaben, wirkte Winspector bodenständiger, fast schon ernsthaft, ohne dabei seine Faszination für Technik und Heldentum zu verlieren.
Was ist denn Tokusatsu jetzt wieder?

Tokusatsu ist ein typisch japanisches Genre, dessen Name sich von der Bezeichnung für Spezialeffekte ableitet. Gemeint ist damit jedoch viel mehr als nur das Spiel mit Pyrotechnik oder Miniaturmodellen. Tokusatsu ist eine eigenständige Erzählform, die reale Schauspieler, martialische Action, kostümierte Helden und überzeichnete Gegenspieler kombiniert und in fantasievolle, meist futuristische oder übernatürliche Szenarien bettet. Ob Giganten wie Godzilla durch Miniaturstädte stampfen, maskierte Helden sich in Lichtblitzen verwandeln oder Robotergegner in einer letzten großen Explosion untergehen, Tokusatsu lebt vom Spektakel, aber auch vom Pathos. Es ist laut, bunt, überdreht, aber eben auch tief verwurzelt im japanischen Kulturverständnis von Heldentum, Opferbereitschaft und moralischer Verantwortung. Dabei ist das Genre keineswegs homogen, sondern umfasst eine Vielzahl von Stilrichtungen, von Monsterfilmen über Science-Fiction bis hin zu Polizeiformaten wie eben Winspector. Die visuelle Handschrift ist dabei unverkennbar, ebenso wie der häufig episodische Aufbau und der Einsatz prägnanter Transformationen, Kampfszenen und moralischer Dilemmata.
Metal Heroes
Innerhalb des Tokusatsu-Genres nimmt die Metal-Hero-Reihe eine besondere Stellung ein, nicht nur wegen ihrer ikonischen Designs, sondern vor allem wegen ihres grundlegend anderen Ansatzes. Produziert wurde sie exklusiv von Toei, zwischen 1982 und 1999, und im Gegensatz zu den oftmals farbenfrohen Super Sentai-Serien, auf denen bei uns die Power Rangers basieren, standen hier keine übernatürlichen Kräfte oder mystischen Legenden im Mittelpunkt, sondern Technik, Verstand und Disziplin. Die Protagonisten, meist Einzelkämpfer oder kleine Spezialeinheiten, trugen Hightech-Rüstungen, fuhren Spezialfahrzeuge und agierten häufig im Rahmen polizeilicher oder militärisch anmutender Organisationen. Ihre Kraft war kein Geschenk, sondern das Resultat menschlicher Ingenieurskunst.
Winspector war der Startschuss für eine thematisch zusammenhängende Trilogie, die später unter dem Namen Rescue Police Series bekannt wurde, gefolgt von Solbrain und Exceedraft. Beide Nachfolger blieben jedoch in Japan, während Winspector als einzige Serie dieser Trilogie in Deutschland gezeigt wurde. Anders als bei Super Sentai, wo stets ein farblich abgestimmtes Team gegen überdimensionierte Monster antritt oder bei Kamen Rider, dessen Helden meist gegen geheime Organisationen kämpfen und dabei oft übermenschliche Kräfte erhalten, wirkte das Metal-Hero-Universum geerdeter, technikfokussierter und in seiner Erzählweise erwachsener. Diese Ernsthaftigkeit spiegelte sich nicht nur in der Ästhetik wider, sondern auch in der oft dramatischeren Inszenierung, was gerade Serien wie Winspector eine besondere Tiefe verlieh.
Einige spätere Metal-Hero-Serien fanden in stark veränderter Form ihren Weg in den Westen, darunter VR Troopers und Big Bad Beetleborgs, die lose auf japanischen Vorlagen wie Metalder, Spielban, Shaider oder B-Fighter basierten. Diese Formate übernahmen Kampfszenen aus dem Original, kombinierten sie mit neu gedrehten Szenen westlicher Darsteller und wurden so zu Hybridserien im Stil der Power Rangers, inhaltlich allerdings oft bis zur Unkenntlichkeit umgebaut. Winspector blieb davon verschont und wurde in Deutschland noch vergleichsweise originalgetreu ausgestrahlt, was der Serie für mich einen besonderen Status verleiht. In einer Fernsehlandschaft, in der bunte Teamabenteuer dominierten, wirkte Winspector aus heutiger Sicht fast wie ein futuristisches Polizeidrama, strenger, erwachsener, beinahe stoisch und hob sich so deutlich von den sonst so quirligen Formaten der 90er ab.
Die Charaktere von Winspector
Schauen wir uns aber die Figuren einmal im Kurzportrait genauer an.

Ryoma Kagawa (dt. Robin) ist der unumstrittene Protagonist der Serie und der einzige Mensch im aktiven Außendienst des Winspector-Teams. Wenn Gefahr droht, schlüpft er in seinen feuerroten Hightech-Kampfanzug mit dem Namen Fire Suit und wird zu Fire, nicht gerade einfallsreich, aber für Kinder natürlich schon cool. Er ist die Speerspitze des Teams und Leiter jeder Mission. Mutig, loyal und mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn ausgestattet, verkörpert Robin das Idealbild eines japanischen Helden, stoisch, aufopfernd und stets bereit, alles zu geben. Doch er ist kein sturer Einzelgänger, vielmehr agiert er im harmonischen Zusammenspiel mit seinen beiden robotischen Kollegen, auf die er sich blind verlassen kann. Seine Menschlichkeit ist sein größter Vorteil, aber auch sein größter Schwachpunkt; in vielen Episoden wird deutlich, dass er bereit ist, für das Leben anderer alles zu riskieren, manchmal sogar mehr, als vernünftig wäre.

Walter ist Taktiker mit einem Herz aus Stahl und grün lackiert. Er übernimmt bei Einsätzen häufig Aufgaben im Bereich Unterstützung, Aufklärung und taktische Absicherung. Trotz seines mechanischen Ursprungs wirkt Walter oft erstaunlich emotional und macht sich Sorgen um Menschenleben. Er zweifelt auch immer wieder Entscheidungen an und stellt Fragen, die man eher von einem menschlichen Kollegen erwarten würde. Zwischen ihm und Robin besteht ein tiefes Vertrauensverhältnis, fast so, als wären sie alte Kameraden. Walter agiert oft wie das ruhige, überlegte Gegengewicht zum impulsiveren Fire und bringt strategische Tiefe in viele Missionen.

Bycle, der zweite Roboter im Team, ist in Gelb gehalten und deutlich kräftiger gebaut als Walter. Wo Walter denkt, handelt Bycle. Mit seiner enormen Stärke, seiner unerschütterlichen Ruhe und seiner direkten Art ist er die physische Durchsetzungskraft des Teams. Seine Rolle ist dabei klar, wenn etwas gehoben, durchbrochen oder gestoppt werden muss, ist er zur Stelle. Doch hinter seinem bulligen Auftreten steckt kein gefühlloser Automat; im Gegenteil, Bycle wirkt gelegentlich fast kindlich naiv, mit einer beinahe unschuldigen Sicht auf die Welt. In der Gruppendynamik fungiert er oft als comic relief, allerdings ohne je ins Alberne abzurutschen. Auch ihm vertraut Robin uneingeschränkt und ist stets bereit, sich selbst in Gefahr zu bringen, um Leben zu retten.

Chief Masaki ist der Kommandant von Winspector und das organisatorische Rückgrat der Spezialeinheit. Ausgestattet mit jahrzehntelanger Erfahrung im Polizeidienst, verkörpert er die ruhige Autorität, an der sich alle anderen Figuren orientieren. Er ist kein Mann großer Worte, aber wenn er spricht, wird zugehört. Masaki hat die Einheit Winspector gegründet, nachdem ein enger Freund, im Dienst ums Leben kam. Dieser persönliche Verlust motiviert ihn, neue Wege in der Verbrechensbekämpfung zu gehen. Auch wenn er die meiste Zeit hinter den Kulissen agiert, ist seine Führungsstärke spürbar. Für Robin ist er eine Art Vaterfigur, für die Roboter ein verlässlicher Befehlshaber. Trotz seines ernsten Auftretens zeigt Masaki immer wieder, dass er seine Leute nicht nur als Einsatzkräfte, sondern als Menschen und fühlende Maschinen sieht.

Junko Fujino ist Spezialagentin bei Winspector und unterstützt das Team mit kühlem Kopf und scharfem Verstand. Sie ist Expertin im Umgang mit Schusswaffen, übernimmt aber ebenso oft Aufklärungs- und Analyseaufgaben. Junko agiert meist hinter den Kulissen, hält dem Team im Einsatz den Rücken frei oder übernimmt verdeckte Operationen. Ihr Verhältnis zu Robin ist rein kollegial, beruht aber auf tiefem gegenseitigen Respekt. In gefährlichen Situationen ist sie jederzeit bereit, selbst mitanzupacken, auch wenn sie dabei oft unter dem Radar bleibt.

Hisako Koyama arbeitet offiziell in einem Café, ist aber in Wahrheit eine Undercover-Agentin, die Masaki für besonders heikle Einsätze einsetzt. Ihre ruhige, fast zurückhaltende Art lässt kaum erahnen, wie entschlossen sie sein kann, wenn es darauf ankommt. Als Tochter von Masakis verstorbenem Freund hat sie eine enge Verbindung zum Winspector-Projekt. In einigen Episoden wird angedeutet, dass sie eine Art Vertrauensperson für Robin ist, vor allem wenn es um moralische Dilemmata geht. Im Gegensatz zu Junko operiert Hisako fast ausschließlich im Verborgenen. Sie kümmert sich liebevoll um ihren kleinen Bruder Ryōta, was eine weiche, familiäre Seite an ihr offenbart, die sonst kaum jemand zu sehen bekommt. Ihre Auftritte sind seltener, aber immer mit Bedeutung aufgeladen, sie steht sinnbildlich für das stille Rückgrat des Teams, für jene Arbeit, die im Schatten passiert und dennoch über Erfolg oder Misserfolg entscheiden kann.

Shin’ichi Nonoyama ist der Mechaniker der Einheit, quasi der japanische „Q“ im Hintergrund, der all das am Laufen hält, was glänzt, fliegt oder sich verwandelt. Er entwickelt neue Ausrüstung, wartet die Roboter und sorgt dafür, dass Fire-Anzug, GigaStreamer und WinChaser einsatzbereit sind, wenn es brenzlig wird. Nonoyama ist kein Kämpfer, sondern ein Tüftler. Seine Liebe zum Schach zieht sich wie ein roter Faden durch seine wenigen, aber prägnanten Auftritte und steht sinnbildlich für sein analytisches Denken. Persönliche Bindungen zu anderen Figuren werden selten thematisiert, doch es ist klar, dass er stolz ist auf das, was er geschaffen hat, insbesondere auf Walter und Bycle, die er mit der Sorgfalt eines Vaters behandelt.

Madocks ist eigentlich kein klassischer Charakter, sondern ein stationärer Supercomputer im Hauptquartier. Dennoch soll er hier auch eine Erwähnung bekommen. Madocks analysiert Daten, gleicht Polizeiberichte ab, erstellt Risikoeinschätzungen und ist so etwas wie das stille Gewissen der Einsatzplanung. Er hat keine Stimme, keine Mimik, keine Emotionen, aber seine Präsenz ist durchgehend spürbar. In einer Serie, in der Mensch und Maschine eng zusammenarbeiten, ist Madocks eine Konstante im Hintergrund, auf die sich alle verlassen können.

Demitasse ist ein Mini-Roboter in Form einer Kaffeekanne und vermutlich das charmanteste Kuriosum der Serie. Klein, mobil, sarkastisch und technisch hochbegabt, übernimmt er Reparaturarbeiten an Walter und Bycle, erledigt verdeckte Aufklärungsaufträge und kommentiert das Geschehen mit beißendem Spott. Seine Dialoge mit Bycle sind für Fans nahezu legendär. Demitasse bringt Humor in die sonst ernste Atmosphäre, aber nicht auf plumpe Weise, denn er ist klug, pointiert und gerade deshalb so erwähnsenwert.

Brian ist ein Gastcharakter, der leider nur in einer Episode auftritt, was schade war, denn er hatte durchaus Potential. Als FBI-Android auf Basis des gleichen Systems wie Walter und Bycle ist er quasi ihr Bruder. Brian ist silberfarben, ruhig, diszipliniert und deutlich ernster als seine japanischen Kollegen. In seinem kurzen Auftritt wird nicht nur deutlich, dass Robotik auch außerhalb Japans eine Rolle spielt, sondern auch, wie sehr der kulturelle Rahmen das Verhalten der Maschinen beeinflusst. Brian agiert fast wie ein Spiegel für Walter und Bycle, er ist funktional überlegen, aber emotional distanzierter. Der Moment, in dem er sich von seinen Brüdern verabschiedet, ist einer der wenigen in der Serie, in denen Maschinen ganz ohne Worte tief berühren.
Die Philosophie hinter Winspectors Ausrüstung
Was Winspector von vielen anderen Tokusatsu-Serien seiner Zeit unterscheidet, ist nicht nur der Verzicht auf gigantische Roboter oder intergalaktische Magie, sondern vor allem der nüchterne, fast schon pragmatische Umgang mit Technologie. In der Welt von Winspector ist Technik kein Wunder, sondern Werkzeug, entwickelt von Menschen für Menschen, mit klar definierten Grenzen, Schwächen und Regeln. Sie schützen, retten, kontrollieren und ermöglichen Einsätze, die für normale Polizisten unmöglich wären. Doch niemals wird Technik zum Allheilmittel verklärt, die Serie macht immer wieder deutlich, dass Maschinen allein keine Helden sind, sondern dass es Mut, Verantwortungsbewusstsein und Menschlichkeit braucht, um sie richtig einzusetzen.
Gerade Fire, alias Robin, als einziger Mensch im Außendienst, verkörpert dieses Spannungsfeld. Seine Rüstung, der rote Crush Tector, macht ihn für fünf Minuten zu einem Superpolizisten mit übermenschlicher Kraft und Widerstandsfähigkeit, doch diese fünf Minuten fordern ihren Preis. Der Anzug ist schwer, die Belastung extrem, die Gefahr der Überhitzung oder gar des Erstickens stets präsent. Jeder Einsatz wird zu einem Wettlauf gegen die Zeit, ein Balanceakt zwischen Effizienz und Selbstaufgabe. Doch es ist nicht nur die physische Grenze, die Robin immer wieder an seine Belastungsgrenze bringt, sondern vor allem die moralische. Als einziger Mensch in der direkten Gefahrenzone muss er Entscheidungen treffen, die über Leben und Tod entscheiden, oft unter Zeitdruck, ohne Rückversicherung, ohne Netz und doppelten Boden. Die Technik verschafft ihm Macht, doch sie nimmt ihm nicht die Last, im entscheidenden Moment die richtige Wahl zu treffen. In vielen Episoden steht Robin genau vor diesen ethischen Dilemmata, wenn Verbrecher sich als Opfer ihrer Umstände entpuppen, wenn Menschenleben gegen Einsatzprotokolle abgewogen werden müssen oder wenn ihn die Technik selbst im Stich lässt und ihn zwingt, ganz auf seine Menschlichkeit zu vertrauen.
Winspector zeigt hier eine erstaunlich differenzierte Haltung zu Technik, die ihrer Zeit fast voraus war. Die Rüstungen, Fahrzeuge und Waffen sind keine überhöhten Statussymbole, sondern Hilfsmittel in einer fehlerhaften, komplexen Welt, in der Helden nicht durch ihre Gadgets, sondern durch ihre Entscheidungen definiert werden. Auch Walter und Bycle sind mehr als programmierte Roboter, sie entwickeln eigene Gedanken, zeigen Mitgefühl, hinterfragen Befehle, agieren selbstständig und erinnern uns daran, dass Technologie nur so gut ist, wie diejenigen, die sie verantwortungsvoll nutzen. In einer Welt, in der Hightech immer stärker in den Alltag vordringt, stellt Winspector Fragen, die auch heute noch relevant sind. Wo endet die Kontrolle durch den Menschen, wo beginnt die Eigenverantwortung der Maschine, und wie kann der Mensch in einer zunehmend technisierten Gesellschaft Mensch bleiben? Winspector gibt darauf keine einfachen Antworten, aber es zeigt, dass die wahre Kraft eben nicht im Anzug liegt, sondern in dem, der ihn trägt und in dem, was ihn antreibt.
Die Ausrüstung von Winspector
Das Herzstück von Winspector ist zwar das Team selbst, doch ohne die hochentwickelte Ausrüstung, die speziell für urbane Spezialeinsätze entwickelt wurde, würde es nicht weit kommen. Technik und Mensch, oder besser gesagt: Mensch und Maschine, verschmelzen hier zu einer hocheffizienten Einheit, jedes Gerät, jede Waffe und jedes Fahrzeug ist auf den Ernstfall ausgerichtet, nichts wirkt überzogen oder verspielt. Werfen wir also einen genaueren Blick auf das Arsenal dieser futuristischen Polizeieinheit.

Crush Tector (Fire-Anzug)
Der leuchtend rote Kampfanzug von Robin trägt den Namen Crush Tector und ist eine technische Meisterleistung. Er schützt nicht nur vor Explosionen, Geschossen und extremer Hitze, sondern verleiht dem Träger übermenschliche Stärke und Geschwindigkeit. Die Transformation erfolgt durch das Kommando „Chakka!“, woraufhin sich der Anzug aus mehreren Modulen zusammensetzt und Robin innerhalb von Sekunden zu Fire macht. Doch der Anzug hat eine klare Schwäche: Er kann nur fünf Minuten lang getragen werden, bevor er den Körper des Trägers überhitzt – eine Grenze, die in der Serie immer wieder dramatisch betont wird. Gerade diese Begrenzung gibt den Einsätzen eine zusätzliche Spannungsebene, denn Fire bleibt stets im Wettlauf mit der Zeit.
Walters und Bycles-Anzüge
Walter und Bycle tragen eigene Varianten des Crush Tectors, technisch angepasst an ihre robotischen Körper. Im Gegensatz zu Fire ist bei ihnen keine sichtbare Transformation notwendig, sie sind quasi permanent einsatzbereit. Ihre Rüstungen unterscheiden sich nicht nur in Farbe, sondern auch in Funktion. Walter ist auf Mobilität, Aufklärung und Luftunterstützung spezialisiert, während Bycle auf physische Stärke und Durchschlagskraft setzt. Beide Anzüge sind mit verschiedenen Sensoren, Kommunikationssystemen und Schutzfunktionen ausgestattet, wirken aber im Design funktional, futuristisch industriell.

GigaStreamer
Der GigaStreamer ist die mächtigste Waffe im Arsenal von Winspector. Er kommt nur in absoluten Notfällen zum Einsatz, etwa wenn Feuerkraft oder strukturelle Durchschlagskraft herkömmlicher Mittel nicht mehr ausreichen. Seine Energie wird über ein eigenes Sicherheitsprotokoll freigegeben, das nur durch Fire aktiviert werden kann. Der GigaStreamer erinnert in seiner Form an eine futuristische Railgun und bündelt elektromagnetische Energie zu einem fokussierten Impulsstrahl. Wenn der GigaStreamer auftaucht, ist klar: Jetzt wird es ernst.
HandWapper
Die Handschellen von Winspector tragen den Namen HandWapper und sind weit mehr als einfache Fesseln. Sie können sich elektronisch verschließen, verfügen über Erschütterungssensoren und sind aus einem Material gefertigt, das auch übermenschlicher Kraft standhält. Die HandWapper stehen exemplarisch für die Philosophie der Serie: Kontrolle durch Technologie, ohne den Gegner zu zerstören.
Multi Pack
Das Multi Pack ist eine Art mobiler Werkzeugkasten, der von den Teammitgliedern getragen oder im Fahrzeug transportiert wird. Darin befinden sich Ersatzteile, Analysegeräte, Mini-Drohnen, Sprengladungen, medizinische Kits – je nach Einsatz kann das Pack individuell bestückt werden. In der Serie wird es eher beiläufig gezeigt, spielt aber eine wichtige Rolle in jenen Momenten, in denen Improvisation gefragt ist.
Die Fahrzeuge von Winspector
Winsquad
Der Winsquad ist das Hauptfahrzeug von Fire, ein weißer Chevrolet Camaro RS der dritten Generation. Ausgestattet mit Kommunikationssystemen, Computer-Terminals, Analysegeräten und einem internen Arsenal an Waffen. Robin kann sich zudem nur in diesem Fahrzeug in Fire verwandeln. Mit Druck auf die Taste „Fire On“ verwandelt sich nicht nur der Fahrer, sondern auch das Fahrzeug von einem weißen, zu einem roten Polizei-Sportwagen. Dieser Wagen ist nicht nur verdammt schnell, sondern auch mit Sensorik, interner Funkverbindung und sogar einem Notfall-Auswurfmechanismus ausgestattet. Wenn Robin allein agieren muss, ist der FireSquad seine erste Wahl. Er symbolisiert den Einzelkämpferaspekt der Serie, das Aufbrechen in kritische Situationen, das Eintreten für andere, bevor Hilfe eintreffen kann.
Transformations-Sequenz
WinChaser
Bycles Motorrad ist eine Symbiose aus klassischem Bike und Hightech-Kommandoposten. Es kann sich mit seinem Fahrer synchronisieren, besitzt ein Navigationssystem, eine eingebaute Kamera und eine Schnellverriegelung, die es auch ohne Fahrer vor Sabotage schützt. Der WinChaser ist oft der erste vor Ort und dient als Vorhut, schnell, lautlos und zuverlässig.
Walters Flügel
Walter besitzt keine Fahrzeuge im klassischen Sinn, seine Mobilität ist in ihn eingebaut. Auf seinem Rücken befinden sich ausklappbare Flügelmodule, die ihm Flugfähigkeit verleihen. Zwar ist er nicht für Langstreckenflüge konzipiert, aber für taktische Aufklärung, Evakuierungen und Zugriffe von oben ist sein Flugmodus eine unschätzbare Ressource. Das Design wirkt schlicht, fast wie ein technischer Rucksack – doch in Aktion wird deutlich, dass Walter seine Umgebung aus einer Perspektive sieht, die kein anderer im Team erreichen kann.
Und was bleibt?
Winspector war zumindest hierzulande keine Serie, die durch übermäßiges Marketing oder spektakuläre Lizenzwellen in Erinnerung geblieben ist. Was Winspector aber hatte, war ein durchdachtes Szenario, ernsthafte Themen, Figuren mit Gewicht und eine Technik, die nicht nach Wunderwaffe klang, sondern nach realer Möglichkeit, zumindest aus der Sicht eines Kindes. Auch wenn es letztendlich nur eine Spielzeugwerbung im Serienformat war, behielt die Serie dabei die Bodenhaftung.
Dass Tokkei Winspector, so der japanische original Titel, außerhalb Japans kaum Fuß fassen konnte, lag wohl weniger an mangelnder Qualität als an fehlendem Umfeld. Die Serie war ihrer Zeit eher Voraus und man hatte noch nicht die, auf Kinder abgezielte Merchandise-Maschinerie, wie sie die Power Rangers kurze Zeit später hatte. Die Serie ließ sich ohnehin nur schwer lokalisieren, weil sie einfach sehr japanisch war. Eine Problematik, welche für spätere Produktionen erkannt und dann effektiv mit Nachdrehs und Anpassungen für den westlichen Markt korrigiert wurde.
Ich weiß aber noch genau, wie ich als Kind mit offenem Mund vor dem Fernseher saß, wenn Robin sich in Fire verwandelte. Wie ich mir wünschte, selbst so einen Anzug zu tragen. Wie ich mir vorstellte, in einem eigenen FireSquad durch die Straßen zu fahren, bereit, die Welt zu retten. Ich wusste damals nicht, was Tokusatsu ist, ich kannte keine Genrebegriffe oder Produktionsfirmen, ich hatte keine Ahnung, dass ich da etwas sah, was mich auch Jahre später immer noch faszinieren würde. Aber ich fühlte etwas und das Gefühl ist geblieben.
Heute, über drei Jahrzehnte später, bin ich froh, dass Winspector überhaupt bei uns lief. Ich würde einiges dafür geben, sie noch einmal im Fernsehen, Stream oder besser noch auf Blu-ray zu sehen. Und vielleicht, wenn ich irgendwann doch mal auf einem Flohmarkt den alten FireSquad als Spielzeug finde, verstaubt, mit nicht all zu viel abgeriebenem Lack, dann werde ich ihn kaufen. Nicht, weil ich ihn brauche. Sondern weil ich weiß, was er mir damals bedeutet hat.
Deutsches Intro RTL (1992)
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